KAUFBERATUNG

Der Preis ist heiß!

Rekord D und Commodore B — zwei ungleiche Brüder mit fast denselben Problemen

 

Opel war mit dem C-Rekord und dem Commodore A sein erster Millionenwurf gelungen. Die 1972 vorgestellten Nachfolger verkauften sich zwar auch siebenstellig, blieben aber im Gesamterfolg nur Zweite. MARKT zeigt, worauf bei ihrem Kauf zu achten ist.

Mit dem Verzicht auf den markanten Hüftschwung vom Vorgängermodell setzte Opel vor zwanzig Jahren bei der neuen Mittelklassegeneration auf ein schnörkelloses Design mit klaren Linien, einer niedrigen Taille und, beim Coupé, auf schmale Dachholme. Als Karosserien standen beim Rekord II wieder die bekannten Varianten zur Auswahl: Limousine (zwei- und viertürig), Coupé und Caravan (drei- und fünftürig) sowie Lieferwagen (dreitürig). Einzig beim höher angesiedelten Commodore beschränkte sich die Palette auf die viertürige Limousine und das Coupé. Die Motoren blieben mehr oder weniger die alten: Zwei 1,7-Liter-Maschinen (66 und 83 PS) und ein 1900er mit 97 PS sorgten für das Vorankommen im Rekord. Hinzu kam ein neuer, wassergekühlter Vierzylinder-2,1-Liter-Dieselmotor. Im Zuge der Energiekrise ordneten die Rüsselsheimer 1974 das Motorenprogramm neu: Sie reduzierten den 1700er Motor erst auf 60 PS, strichen ihn aber kurz darauf trotzdem. Der S-Motor entfiel ganz, und den 1900er drosselte man auf 90 PS. Bereits im Jahr darauf erschienen dann zwei neue Motoren: ein niedrigverdichteter 1900er mit 75 PS und der Zweiliter mit 100 PS. Beim Commodore begann die Motorenpalette ebenfalls mit Bewährtem, den Reihensechszylindern (2,5 Liter mit 115 oder 130 PS und, aus dem Admiral stammend, der 2,8-Liter mit 160 PS im GS/E). Aufgrund seiner Drehmomentschwäche ersetzte man den 2,5-Liter-Motor mit 130 PS allerdings nach einem Jahr durch eine gleichstarke 2,8-Liter-Version. Die Lücke zum GS/E schloss der GS 2800 mit zwei Fallstromvergasern und 142 PS (ab 1975: 140 PS). Änderungen gab es wenige in den fünf Produktionsjahren. Ab Modelljahr 1975 bot Opel eine gehobene Ausstattung unter der Bezeichnung Berlina an, die Kardanwellen drehten sich nach den Werksferien 1976 mit homokinetischen Mittellagern, und die Grundausstattung wurde erweitert. Eine Servolenkung erhielt nur der Commodore serienmäßig. Im September des gleichen Jahres feierte Opel den einmillionsten Rekord D mit dem besonders luxuriösen Modell "Millionär", und den stagnierenden Commodore-Verkauf sollte das Sparmodell "Spezial" ankurbeln, das dann auf Grund seines Erfolgs bis zum Produktionsende im Programm blieb.

Der Einstiegspreis für einen D-Rekord lag 1972 (zweitürige Limousine mit 1,7-Liter-Motor) bei 9285 Mark. Zum Produktionsende 1977 war unter 13.260 Mark nichts mehr zu haben. Kostete 1972 der preiswerteste Commodore in Serienausstattung noch 12.890 Mark und die teuerste Variante, das GS/E-Coupé, 16.795 Mark, so stiegen die Preise bis zur Einstellung 1977 rasant an. Der Einsteiger-Sechszylinder lag nun bei 18.025 und das GS/E-Coupé gar bei 22.950

Mark. Mit 1.250.000 Exemplaren reichten Commodore B und Rekord D jedoch nicht an den Erfolg des über 1,4 Millionen verkauften Vorgängers heran.

Die Karosserie

Kenner behaupten, dass die Karosseriequalität von Rekord D/Commodore B gegenüber den Vorgängern eher ein Rückschritt erfahren habe. Die Inspektion sollte bei Front- und Heckschürze beginnen, bevor der Bug näher unter die Lupe genommen wird. Die vordere Spritzwand, die Kotflügelaufnahmen im Motorraum und die vorderen Längsträger seien einem kritischen 1 empfohlen. Ob Rekord oder Commodore, die Untersuchung der Schweller auf morsche Stellen ist ein Muss, besonders bei die Modellen. Sie haben breite Chromleisten, unter denen sich Schmutz sammelt und Rost fröhlich Orgien feiert. Von den Schwellern führt der Weg zu den hinteren Radhäusern, bei denen es vor allem den Radlauf zu untersuchen gilt, und von dort zu den Türen, deren Böden und Zierleistenrahmen oftmals Grund zur Klage geben. Gleiches trifft für die Heckklappe zu — bei Limousine, Coupé und Caravan. Wer sich für ein Coupé interessiert, der sollte bei einer Probefahrt zusätzlich auf Windgeräusche aus dem Seitenscheibenbereich achten. Die Tanks findet man häufig fast durchgerostet. Sie wurden nach Sicherheitsaspekten an Spannbändern unter dem Kofferraum aufgehängt, wo sie ungeschützt vor Spritzwasser waren.

Die Mechanik

Sie ist bei Opel im allgemeinen robust und langlebig — und überlebt die Karosserie mit Leichtigkeit! Der Check beweglicher Teile kann sich deshalb auf relativ wenige Komponenten beschränken. Ein altes Übel sind die unterdimensionierten Wasserpumpen, die es regelmäßig (im Schnitt alle 40.000 Kilometer) zu erneuern gilt. Der Umbau auf eine Heavy-duty-Variante hilft — allerdings selten über die doppelte Lebensdauer hinaus! Prüft man die Pumpe auf Dichtigkeit, sollte der Kühler gleich mitinspiziert werden.

Er ist nicht unbedingt als Schwachstelle, sondern eher als Verschleißteil zu werten. Gleiches gilt für den Heizungswärmetauscher, der nach zehn bis fünfzehn Jahren beginnt, leck zu werden. Und ein Austausch bringt viel Arbeit mit sich.

Die Motoren mit Hydrostößeln (1900 S, 2000 und alle Sechszylinder) tendieren zu Nockenwellenverschleiß, manchmal bereits nach 50.000 Kilometern, was sich vor allem durch steigenden Verbrauch bei gleichzeitig sinkender Leistung bemerkbar macht. Rasseln der Steuerkette weist auf Längung und meist auch auf einen Kettenspanner im Endanschlag hin. Die Hydrostößel neigen schon unter 100.000 Kilometern im oberen Drehzahlbereich zum Klappern, bei fortgeschrittenem Verschleiß auch im unteren Bereich. Opel benutzte zwar frühzeitig, um dem Verschleiß der Ventilsitze zu begegnen, sogenannte Roto-Caps, welche die Ventile bei jedem Öffnen und Schließen ein Stück drehen. Bei scharfer Fahrweise können aber auch sie nicht verhindern, dass sich die Ventile bereits ab 80.000 Kilometern auf den Sitzen einschlagen. Um Ölundichtigkeiten speziell am Steuergehäuse besser in den Griff zu bekommen, hatten die gegenüber dem Vorgängermodell verbesserten Motoren zwei zusätzliche, von oben durch den Zylinderkopf laufende Befestigungsschrauben erhalten. Trotzdem gehören Ölverluste nach wie vor zu den Problemen: Ums Steuergehäuse, an den Kurbelwellenenden, bei der mechanischen Benzinpumpe und der Ölwanne tritt Öl aus, das oft Folgeschäden wie aufgequollene oder abgerissene Motor- oder Getriebeaufhängungsgummis nach sich zieht. Die Vierzylinderaggregate besitzen zwei Ölpeilstabbohrungen — je nach Lage der Ölwanne in den entsprechenden Opel-Modellen. Da immer nur eine Bohrung benötigt wird, ist die zweite mit einem Plastikstopfen verschlossen. Früher flog der gelegentlich weg, heutzutage kann er leicht zerbröseln, was einen verölten Motorraum (im günstigsten Fall) oder einen fatalen Motorschaden zur Folge hat. Öllecks treten aber auch bei den Motoren mit Hydrostößeln auf. Da die Wartung (Ventilspiel einstellen) entfällt, wird der Deckel oft nicht mehr entfernt, geschweige die Dichtung regelmäßig erneuert.

Bei den Rekord-Modellen mit 1900er-Motor führt der große Luftfilter manchmal dazu, dass sich das Vergaserunterteil samt Drosselklappe vom Oberteil löst. Wird das nicht rechtzeitig bemerkt, können die verbindenden Inbusschrauben die ins Gehäuse geschnittenen Gewinde zerstören. Solche Fahrzeuge erkennt man nach diesem Defekt meist an einer zusätzlichen Strebe, die das Filtergehäuse abstützt. Beim 1700-S-Aggregat hingegen macht sich das Vergaseroberteil schon mal selbstständig. Hier sollten die Schrauben von Zeit zu Zeit auf festen Sitz überprüft werden. Die Commodore-Modelle litten häufig an Nockenwellenschäden, was zu unrundem Leerlauf, Lockern des Ansaugtraktes und Rissen im Auspuffkrümmer führte. Ein früher von Kunden in Opel-Werkstätten beklagtes Übel war das Einstellen und Synchronisieren der doppelten Zenith-Register-Fallstromvergaser des GS 2800. Das lag jedoch weniger an den Anlagen als vielmehr an der Unerfahrenheit der Mechaniker. Getriebeprobleme fangen fast immer mit undichten Simmeringen vorn und hinten und dem damit verbundenen zu geringen Getriebeölstand an. Eine eingelaufene Vorgelegewelle ist das Resultat, Heulen beim Rückwärtsfahren der wichtigste Indikator.

Speziell bei GS 2800 und GS/E ist das Handschaltgetriebe zu schwach und kann bei scharfer Fahrweise bereits unter 100.000 Kilometern kariöse Innereien aufweisen. Defekte Automatikgetriebe zu reparieren lohnt in den seltensten Fällen, da ein Austauschteil in der Regel billiger ist. Achten Sie beim Kauf darauf, dass der Schaltautomat kein Öl lässt und sauber hoch- und zurückschaltet. Ein Ohr sollte während einer Probefahrt auf die Hinterachse lauschen, die gerne um 200.000 Kilometern beginnt, mahlende Geräusche zu produzieren, was ihrer Funktion zunächst aber noch keinen Abbruch tut. Bei Fahrzeugen mit Automatik ist der hintere Kurbelwellenausgang öfter undicht als bei handgeschalteten Modellen, da durch den Wegfall des Kupplungswechsels das Getriebe erst bei Schäden ausgebaut wird.

An Vorder- und Hinterachse sollten alle Gummibuchsen überprüft werden. — deren komplette Erneuerung ist sehr arbeitsintensiv. Ein kritischer Blick auf die Radlager der Vorderachse ist ebenso sinnvoll. Die vordere Scheibenbremsanlage bereitet selten Probleme, was man von den Trommeln der Hinterachse nicht sagen kann. Festgerostete Kolben der Radbremszylinder oder eine eingerostete Handbremsenmechanik führen hier zu einseitiger Wirkung, so dass man um einen Funktionstest nicht herumkommt.

Die Elektrik

Eigentlich führen nur Massefehler sowie die vorderen Blinker zur Suche nach dem Kupferwurm. Einen Sonderfall bildet die Benzineinspritzung des GS/E. Ihre mit sehr geringen Strömen arbeitenden Geber können meist die gesamte Anlage außer Gefecht setzen. Die Fehlersuche gerät für den Hobbyschrauber dann eher zum Ratespiel, der such bei Fachleuten (wie den Bosch-Diensten) ist hier angebracht. Nach langen Jahren treuen Dienstes muß man damit rechnen, dass der Anlasser seinen Geist aushaucht — normaler Verschleiß. Bei den großen Commodore sollte auch der Multifunktionsschalter an der Lenksäule genau auf Funktion aller in ihm integrierten Schaltungen (Licht, Blinker, Wischer) geprüft werden. Speziell in den ersten Serien spielten diese manchmal verrückt: Im Hochsommer lief dann plötzlich der Scheibenwischer und ließ erst durch den Ausbau der Sicherung von seinem sinnlosen Tun ab. Spielen hingegen Tank- und Wassertemperaturanzeige verrückt, ist der auf dem Instrumententräger integrierte Spannungskonstanthalter defekt. Bei irreführender oder keiner Anzeige des Kraftstoffvorrats hilft nur das Erneuen des Tankgebers.

Preise und Teile

Beide "Newcomer" sind noch äußerst preiswerte Einsteigermodelle. Oftmals

findet man gepflegte Garagenwagen mit geringer Laufleistung als Schnäppchen, Schlacht-Rekord sogar schon ab 300 Mark. Komplett restaurierte Fahrzeuge sind nicht bekannt, dürften auch von der Kostenseite her vollkommen uninteressant sein. Teilrestaurierte oder Originalfahrzeuge in sehr gutem Zustand liegen um 4000 Mark, einzig für das 1900er-Coup~ werden Preise über 5000 Mark verlangt. Die Preissituation beim Commodore ist ähnlich. Schlachtfahrzeuge beginnen zwischen 500 und 1000 Mark, teilrestaurierte oder einwandfreie Originalfahrzeuge liegen um 7.000 Mark. Einzige Ausnahme bildet das begehrte GS/E-Coupé, das auch Preise bis 10.000 Mark erzielen kann.

Doch die Ausdünnung des Bestandes läuft, in Deutschland existieren noch rund 28.000 zugelassene Rekord D und Commodore B. Daher ist jetzt die richtige Zeit, um auf den Zug aufzuspringen, zumal die Teileversorgung weitgehend gewährleistet ist. Nur Innenausstattungen, Seiten-, Chrom- und Getriebeteile (besonders GS/E) können Schwierigkeiten bei der Neubeschaffung bereiten. Ansonsten kann man, gute Karosserie vorausgesetzt, zu einem günstigen Preis ein zuverlässiges Fahrzeug erwerben.

 

Beim Kraftfahrt-Bundesamt gemeldet:

21.857 Fahrzeuge vom Typ Rekord D

5495 Fahrzeuge vom Typ Commodore B

Stichtag: 1. Juli 1992

Die Zahl beinhaltet alle zugelassenen bzw. nicht länger als 1 Jahr stillgelegten Exemplare in der Bundesrepublik Deutschland

Walter Wolf